Das Plastik der Zukunft ist aus Getreideresten
Start-up Traceless entwickelt innovativen Plastikersatzstoff und erhält Förderung aus KMU-Programm
Langsam lässt Niklas Rambow das bräunliche Granulat in seine Hand rieseln. Kleine, unscheinbare Kügelchen sind es, die der Leiter Technologieentwicklung der Firma Traceless zeigt. Pflanzenreste, die sonst als Beimischung zum Tierfutter dienen würden – und die nun aber die Verpackung der Zukunft sein könnten und sollen: Denn die Firma Traceless aus Buchholz entwickelt einen Plastikersatzstoff aus Resten aus der Getreideverarbeitung.
Noch sind es Prototypen, aber die bisherigen Ansätze sind vielversprechend, und im großen Stil will das Unternehmen damit einmal den Markt erobern. Dabei bekommt es Hilfe: Der Landkreis Harburg und die Stadt Buchholz unterstützen das Unternehmen aus dem Förderprogramm für kleine und mittlere Unternehmen. Damit steht Traceless nicht allein: Es ist nur einer von inzwischen 145 Unternehmen, die mit dem gemeinsamen Förderprogramm des Landkreises Harburg und seiner Kommunen zur Förderung von Investitionen sowie zur Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) unterstützt werden.
„Wir freuen uns, dass sich ein solches innovatives Start-up für einen Standort im Landkreis entschieden hat“, sagt Landrat Rainer Rempe, als er gemeinsam mit dem Buchholzer Bürgermeister Jan-Hendrik Röhse den symbolischen Förderscheck übergibt. „Das ist ein weiteres Beispiel, dass sich die aktive Wirtschaftsförderung auszahlt.“
Traceless ist eine Ausgründung aus der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH) und beschäftigt sich mit neuartigen, vollständig abbaubaren Verpackungsmaterialien. Bisher erscheint Plastik unverzichtbar, um etwas sicher zu schützen und diese Verpackung gleichzeitig billig zu produzieren. Doch das Unternehmen will das ändern: Egal, ob Folien, Beschichtungen oder dreidimensionale Formteile wie Einwegbesteck – Traceless will den Kunststoff-Anteil in all diesen Produkten durch das eigene Bio-Granulat ersetzen. Dieser Naturstoff hat die Eigenschaften von Plastik, ist aber vollständig kompostierbar und weist zudem eine hervorragende Ökobilanz auf.
Für eine Tonne Traceless-Granulat wird eine Tonne weniger Plastik hergestellt – und das bei 1,55 Tonnen weniger CO2-Ausstoß.
Die ersten Prototypen sind schon im Einsatz. C&A testet seit Dezember 2022 Sockenaufhänger aus dem Traceless-Material in seiner Filiale in Hamburg-Altona. Lufthansa und Otto zählen zu den weiteren Industriekunden, die das in der Pilotanlage in Buchholz hergestellte Granulat auf Herz und Nieren prüfen. Das wird dann beispielsweise zu On-Board-Verpackungen von Lufthansa verarbeitet. Der Hamburger Onlinehändler Otto testet gerade den Einsatz biologisch abbaubarer Versandtaschen, bei dem das Material als Papierbeschichtung zum Einsatz kommt. Darüber hinaus arbeitet Traceless an weiteren Produkten und Anwendungsbereichen – Futtertüten gehören dazu und Mülltüten. Für seine innovative Technik wurde das Unternehmen 2022 unter anderem mit dem Hamburger und dem Deutschen Gründungspreis ausgezeichnet.
In der neu gegründeten Betriebsstätte im Buchholzer ISI-Zentrum für Gründung, Business und Innovation hat Traceless in eine Pilot-Produktionsanlage investiert, mit der der Schritt in die Serienproduktion vollzogen werden soll. Etwa 20 Arbeitsplätze sind dort entstanden, weitere folgen – das Team hat nach wie vor einige offene Stellen und ist auf der Suche nach Talenten. Die Investitionen wurden mit 37.500 Euro aus dem KMU-Förderprogramm unterstützt. Es gab aber nicht nur finanzielle Förderung: „In unserem ISI-Zentrum konnten wir Traceless zudem passende Werkhallen und Räumlichkeiten zur Verfügung stellen“, sagt Jens Wrede, Geschäftsführer der WLH Wirtschaftsförderung im Landkreis Harburg GmbH.
Seit April 2015 können kleine und mittlere Unternehmen (KMU) im Landkreis Harburg Fördergelder für betriebliche Investitionen beantragen. Die Besonderheit ist, dass es ausschließlich aus kommunalen Mitteln finanziert wird und sowohl der Landkreis als auch die am Programm beteiligten Städte, Gemeinden und Samtgemeinden dafür Haushaltsmittel bereitstellen. Das zahlt sich aus. „Die KMU-Förderung ist ein Erfolgsmodell, um die Wirtschaftskraft im Landkreis Harburg weiter zu stärken und um Arbeitsplätzen zu schaffen und zu sichern“, sagt Landrat Rempe. „In acht Jahren wurden 1035 Arbeitsplätze gesichert und 570 Arbeitsplätze neu geschaffen“, so Rempe weiter.
Inzwischen haben 145 Unternehmen Förderbescheide für ihre Investitionsvorhaben erhalten.
Die Fördermittel in Höhe von 4,1 Millionen Euro haben gut 104,7 Millionen Euro betriebliche Investitionen im Landkreis Harburg ausgelöst. Sowohl die räumliche Verteilung der bewilligten Fördermittel auf die Städte und Gemeinden als auch der Branchenmix der Betriebe ist sehr ausgewogen.
„Wir merken aber, dass das Investitionsverhalten der Unternehmen in den letzten Monaten etwas zurückhaltender ist“, erläutert Thomas Nordmann von der Stabsstelle Kreisentwicklung / Wirtschaftsförderung. „Das hängt sicherlich auch mit den gestiegenen Kosten, dem höheren Zinsniveau und der allgemein unsicheren wirtschaftlichen Lage zusammen. Umso mehr an Bedeutung gewinnt ein solches Förderprogramm, mit dem der Landkreis und die kreisangehörigen Kommunen Investitionen von Unternehmen finanziell unterstützen.“
Das aktuelle KMU-Förderprogramm läuft bis 2027. Gefördert werden Betriebserweiterungen, -verlagerungen und Existenzgründungen sowie Betriebsübernahmen. Der Zuschuss kann bis zu 45.000 Euro betragen und wird jeweils zur Hälfe vom Landkreis und der Kommune getragen, in der das Unternehmen investiert. Als Fördervoraussetzung ist eine Investition von mindestens 30.000 Euro notwendig, die im Zusammenhang mit der Sicherung vorhandener und der Schaffung neuer Arbeitsplätze steht.
„Ganz wichtig ist, dass der Antrag vor Investitionsbeginn gestellt wird“, sagt Thomas Nordmann. „Existenzgründer und Unternehmen, die ihre Investitionen mit uns planen, beraten wir gern persönlich bei der Antragsstellung.“
Ansprechpartner ist Thomas Nordmann, Telefon 04171 – 693 737, E-Mail t.nordmann@lkharburg.de . Weitere Informationen gibt es auch unter www.landkreis-harburg.de/kmu-foerderung .